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Лист до редакції щодо статті/прес-релізу від Друзів солідарності біженців

»David gegen Goliath« vom 29.3.2022

Liebe Freundinnen und Freunde des Freundeskreises Flüchtlingssolidarität!

Die Pressemitteilung »David gegen Goliath« unterschätzt aus meiner Sicht die Bedeutung dieser Auseinandersetzung nicht nur in der Flüchtlingspolitik, sondern allgemein im Kampf um demokratische Rechte und Freiheiten. Sie geht auch stark davon aus, dass jeder den Gesamtzusammenhang und die Dimension dieser Auseinandersetzung kennt. Das kann man aber nicht voraussetzen!

So wird eher nebenbei der »Polizeieinsatz am 3. Mai in der LEA Ellwangen« erwähnt. Bei diesem Polizeieinsatz im Jahr 2018 und der darauf folgenden bundesweiten, tagelangen Medienkampagne handelte es sich um eine der übelsten flüchtlingspolitischen Repressionen und Hetzkampagnen in der Geschichte der Bundesrepublik. Zahlreiche damalige Bewohner der LEA hatten erfolgreich die Abschiebung eines Kollegen aus Togo verhindert. Als Racheakt und Antwort darauf erfolgte ausgehend von der Kretschmann-Grünen/ Strobel-SPD Landesregierung wenige Tage später ein nächtlicher Überfall auf die schlafenden Flüchtlinge durch über 500 schwarz vermummte, mit Hunden ausgestattete Polizeieinsatzkräfte. Die häufig traumatisierten Menschen wurden aus dem Bett gezerrt und innerhalb weniger Minuten gefesselt und »sichergestellt« – sofern sie nicht in panischer Angst aus dem Fenster gesprungen waren. Es folgte eine tagelange Kampagne quer durch sämtliche Radio- und Fernsehsender sowie den gesamten Blätterwald: es dürfe keinen »rechtsfreien Raum« in dieser Republik geben. Der damalige Geist in der LEA war aber nicht »rechtsfrei«, sondern von einem ausgeprägt humanitären, solidarischen Rechtsverständnis geleitet.

Aus dieser Situation entstanden die damals ersten selbst organisierten Flüchtlingsaktivitäten mit Pressekonferenz, Demonstrationen, ersten Prozesse usw. An die 100 kämpferische Protagonisten aus den Flüchtlingen im Verbund mit einem breiten Spektrum solidarischer Menschen »von Religion bis Revolution« aus Deutschland bildeten sich heraus. Einer davon ist Аласа Мфуапон – der also keineswegs ein David ist: ein Einzelkämpfer, der ganz am Ende der Geschichte übrigens tot ist. Vielmehr ist er das Gesicht einer seither quantitativ wachsenden und sich qualitativ in Programmatik und Organisiertheit deutlich höherentwickelnden überparteilichen Bewegung und Organisation der Flüchtlingssolidarität.

Für diese Rolle als Gesicht, Sprecher und Vertrauensperson wurde über ihn kübelweise Hass und Hetze ausgeschüttet – mit Protagonisten wie die BILD Zeitung oder Alice Weidel von der AfD. Als weitere Strafmaßnahme wurde er brutal nach Italien abgeschoben.

In einer intensiven Beratschlagung mit den geflüchteten Freundinnen und Freunden, den Verbündeten in Deutschland und besten Anwälten entstand unter anderem die jetzt zum zweiten Mal verhandelte Klage gegen das Land Baden-Württemberg wegen dieses martialischen Polizeieinsatzes. Bereits die erste Instanz endete mit einer schallenden Ohrfeige für die Landesregierung, indem die Unverhältnismäßigkeit des damaligen Polizeieinsatzes festgestellt wurde. Nicht behandelt wurde damals noch, dass für Flüchtlingsunterkünfte das Grund- und Menschenrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung gilt. Wie es sich jetzt abzeichnet, urteilte der 1. Senat unter Vorsitz des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg gerade in dieser bedeutenden grundsätzlichen Frage anders: Flüchtlingsunterkünfte sind Wohnungen! Das ist deshalb so bedeutend, weil es hier nicht um eine einzelfallbezogene Entscheidung, um eine einzelne Hausordnung geht, sondern um eine grundsätzliche Feststellung der Erweiterung demokratischer Rechte und Freiheiten und der Bekräftigung der Menschenwürde von Geflüchteten. Dies in einer Situation, in der die Bundesregierung gerade eine extreme, letztlich rassistische Ungleichbehandlung von Flüchtlingen praktiziert.

Diese Darstellung ist nicht zuletzt auch eine verwunderliche Geringschätzung eurer gemeinschaftlichen Solidarität

Offenbar zeichnet sich ebenfalls ab, dass im konkreten Einzelfall die Klage abgewiesen wird. Dies bezogen auf die Durchsuchung der Räume von A. M. aufgrund der abgestimmten Aussagen ebenso wie Gedächtnislücken von Polizeibeamten sowie ihre vereinheitlichten Korrekturen gegenüber der letzten Verhandlung. Die Darstellung, dass A.M. die Polizisten freiwillig ins Zimmer gelassen habe ist lächerlich und nicht zu akzeptieren. Da müssen entsprechende Schlussfolgerungen überlegt werden! Dass eure Pressemitteilung aber über den absehbaren grundsätzlichen Erfolg gerade mal drei Zeilen verliert, verkennt die Dimension der Auseinandersetzung und das Signal, das gerade in der jetzigen Situation davon ausgeht. Das wird noch dadurch unterstrichen, dass die Darstellung ohne den Gesamtzusammenhang und Gegner der Auseinandersetzung sowie der Behandlung des »Zwillingserfolgs« von der ersten und zweiten Instanz erfolgt. Diese Darstellung ist nicht zuletzt auch eine verwunderliche Geringschätzung eurer gemeinschaftlichen Solidarität, Zähigkeit und Kompetenz im Verbund mit dem sehr guten Anwalt. Aus der ausführlichen Darstellung, was alles nicht wunschgemäß verlief spricht fast eine Ent-Täuschung über die bürgerliche Justiz. Sicherlich gibt er nach dem Erhalt des schriftlichen Urteils noch eine Pressemitteilung heraus und vielleicht kann dann hier die Sichtweise noch einmal zu überdacht werden?

Herzliche Grüße und weiter viel Erfolg für den Freundeskreis und seine Verbündeten, nicht zuletzt bei der Arbeit in der neuen aktuellen Flüchtlingskrise.

Monika Gärtner-Engel

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