Menú Cerrar

Bezahlkarte stigmatisiert Flüchtlinge und muss vom Tisch

Am Mittwoch, 6. März, hat der nächste „Asylgipfel“ mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Ministerpräsidenten der Länder stattgefundet. Dort hat es unter anderem auch eine Diskussion um die weitere bundesweite Einführung der Bezahlkarte gegeben. 

Der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität wendet sich entschieden gegen diese Pläne und die Diskussion um Zwangsarbeit für Flüchtlinge.  
Warum? Die Bezahlkarte schränkt die Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben extrem ein: Man kann mit ihr keine Überweisungen durchführen. In kleinen Geschäften oder auf Wochenmärkten einzukaufen, wo man oft nur mit Bargeld zahlen kann, ist unmöglich. Jeder von uns weiß, dass ohne Überweisungsfunktion, viele Dinge im Alltag schlicht nicht machbar sind. Das betrifft auch Einkäufe im Internet, wo Waren oft günstiger sind. Flüchtlinge können mit der Bezahlkarte auch kein Geld mehr an ihren Anwalt überweisen – wie sollen sie dann ihr Recht bekommen? Zudem kann die Karte nicht im Ausland werden, je nach Bundesland eingeschränkt sogar nur regional, d.h. eine Reise, ein Besuch von Freunden oder Verwandten weiter weg ist dann kaum möglich. Damit wird die Behandlung von Flüchtlingen als Menschen 2. oder 3. Klasse noch weiter ausgebaut, sollen sie abgeschreckt, stigmatisiert und systematisch persönlich überwacht werden. Gegen eine zusätzliche, ganz normale Scheckkarte für Flüchtlinge wäre nichts einzuwenden, aber nicht mit solchen gravierenden, menschenunwürdigen Einschränkungen. 

Bereits 2012 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ein Grundrecht ist: „Das Grundrecht steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu.“ und
„Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“ 1

Mit dieser Entscheidung des Gerichts wurde damals zu Recht die Höhe der geringen Asylbewerberleistungen annähernd auf Sozialhilfeniveau angehoben – bis die Regierung die Leistungen einige Jahre später wieder senkte.

Angeblich soll die Bezahlkarte Zahlungen an Schleuser oder Überweisungen ins Heimatland unterbinden. Das ist nur ein Vorwand, um weiter Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen und die diskriminierende Bezahlkarte zu rechtfertigen. Es stellt sie unter Generalverdacht, angeblich nach Deutschland zu kommen, um Sozialleistungen zu erhalten. 

Tatsächliche Fluchtgründe sind die weltweit zunehmenden imperialistischen Kriege, politische, ethnische Verfolgungen, wirtschaftliche Notlagen und immer mehr Menschen müssen oder werden fliehen müssen aufgrund der begonnenen weltweiten Umweltkatastrophe und deren Folgen. 

Das Ziel der allermeisten Flüchtlinge, die oft noch sehr jung sind, ist, schnell eine Arbeit zu finden und eigenes Geld zu verdienen. 
Außerdem, was ist daran verwerflich wenn Migranten von ihren ohnehin sehr geringen Einkünften Angehörige im Heimatland unterstützen, z.B damit die jüngeren Geschwister zur Schule gehen können oder für eine ärztliche Versorgung der Eltern, oder um überhaupt das Überleben der Familie kurzfristig zu sichern? Vielmehr muss verurteilt werden, dass aufgrund der neokolonialen Ausplünderung, in vielen dieser Heimatländer der Flüchtlinge überhaupt solche menschenunwürdigen Zustände herrschen. Das unterstreicht unsere Forderung, die Fluchtursachen statt die Flüchtlinge zu bekämpfen.

Dass es keineswegs nur um die Verhinderung von Auslandsüberweisungen durch Flüchtlinge geht, zeigt die jüngst begonnene Diskussion darum, die Bezahlkarte für Bürgergeldempfänger einzuführen. Das Motiv ist das gleiche, Spaltung zwischen Arbeitern und Empfängern von Sozialleistungen, die angeblich nicht arbeiten wollen. Auf der gleichen Linie liegt auch die Debatte zur Einführung von Zwangsarbeit für Flüchtlinge. Diese wurde im Saale-Orla-Kreis (Ostthüringen) entfacht, wo Asylbewerber schon ab März zu vier Stunden Arbeit am Tag verpflichtet werden sollen. Für nur 80 Cent pro Stunde müssen Flüchtlinge Arbeiten wie Grünschnittarbeiten erledigen. Weigern sie sich, drohen Geldkürzungen von bis zu 180 Euro im Monat. Der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität lehnt diese Ausbeutung ab.  

Natürlich wollen Flüchtlinge arbeiten, aber nicht zu solchen Bedingungen. Der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität hat bereits letztes Jahr eine Kampagne gestartet: „Wir sind Flüchtlinge, wir sind Arbeiter und wollen arbeiten“ Mehr dazu hier auf X (ehemals Twitter)! 

Die Behauptung der Bundesregierung, die jetzt verschärften Maßnahmen gegen Flüchtlinge seien notwendig, um der AfD den Wind aus segeln zu nehmen ist falsch. Im Gegenteil wird die AfD dadurch noch aufgewertet, wie es bei allen Vorstößen zur Verschärfung der Flüchtlingspolitik der Fall war. Genau richtig ist der Weg der seit Wochen andauernden Massenproteste gegen die AfD. Das zeigt, dass die Mehrheit der Menschen in Deutschland die menschenverachtende faschistoide Politik der AfD, insbesondere ihre Flüchtlingspolitik ablehnt. Der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität tritt, wie viele andere inzwischen auch, für ein Verbot der AfD ein.

1 VerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2012 

es_ESEspañol
Consentimiento de cookies con banner de cookies reales