Weil ihr Freund L. aus dem Senegal vor der drohenden Abschiebung stand, unterstützen ihn Aktivisten des Freundeskreises Flüchtlingssolidarität aktuell in seinem Härtefall-Antrag.
Pressemitteilung des Freundeskreises
Montag, 23.10.2023, 14:00 Uhr
L. berichtet über seine Situation: „Meine Heimat liegt im Süden von Senegal, in der Region Casamance. Das ist eine von der Regierung sehr vernachlässigte Region, zwischen uns und der Hauptstadt-Region liegt das Land Gambia, und es gibt starke Unabhängigkeitsbestrebungen. Es gab an meinem Ort keine Schule für mich, um die offizielle Landessprache Französisch ordentlich zu lernen. Ich wurde nur an einer Koranschule unterrichtet – das meiste habe ich mir selbst beigebracht: Sprachen, Rechnen, Geographie … vieles lernte ich auf der Flucht und durch die Medien. Ich bin sehr wissbegierig! Auch Deutsch habe ich mir selbst beigebracht.
Die Lebenssituation meiner Familie war denkbar schlecht, außerdem wurden ständig Leute angegriffen und verhaftet, um die Unabhängigkeitsbewegung zu bekämpfen. Es waren diese Repressionen und die Aussichtslosigkeit auf Besserung, weshalb ich meine Familie und meine Freunde zurückließ und mich auf die gefährliche Reise nach Europa übers Mittelmeer wagte. Ich möchte nicht mehr an diese Reise denken – was ich da erlebt habe, raubt mir den Schlaf.
In Deutschland zu arbeiten, war immer mein Ziel – was ich nicht wusste, war, dass es hier praktisch keine Chance gibt, wenn man aus dem Senegal stammt. Als „sicheres Herkunftsland“ eingestuft, bekommen Senegalesen kein Asyl, keinen Deutschunterricht, keine Arbeitserlaubnis. Für das neue Chancenaufenthaltsrecht habe ich den Stichtag der Einreise um genau drei Wochen verfehlt.
Ich war insgesamt fünf Jahre lang in verschiedenen Flüchtlingscamps in Baden-Württemberg, danach kam ich in ein kleines Dorf. Zu meinem großen Glück bekam ich dort meine erste Chance – eine Arbeitserprobungsmaßnahme in einer Firma. Endlich konnte ich meine Fähigkeiten zeigen! Die Firma bot mir sofort einen Arbeitsplatz an, nahm Kontakt zu den Behörden auf – doch die Erlaubnis, zu arbeiten, erhielt ich nicht. Angeblich fehlte dazu mein Pass. Ich hatte noch nie in meinem Leben einen Pass! Wieder eine große Hürde, die ich schließlich gemeistert habe. Doch als ich den Pass endlich vorlegen konnte, schrieb die Behörde lapidar: Vielen Dank für den Pass, auf den wir schon zwei Jahre warten. Eine Arbeitserlaubnis kann nicht erteilt werden.
Jetzt wurde mir die ganze Aussichtslosigkeit meiner jahrelangen Mühen richtig klar. Ich wollte verzweifeln, doch ich gebe nicht auf: Zum Glück hatte ich inzwischen Kontakt bekommen zum Freundeskreis Flüchtlingssolidarität. Dort kann ich mich mit anderen Refugees verbinden, wir tauschen unsere Erfahrungen aus, unterstützen einander, knüpfen auch internationale Kontakte. Mir ist besonders wichtig, dass alle Menschen die Erlaubnis bekommen zu arbeiten und zu lernen. Es ist nicht schön, als Hilfeempfänger zu leben und dafür auch noch geschmäht zu werden.
Mithilfe der deutschen Freunde aus dem Freundeskreis stellte ich einen Härtefall-Antrag – und nun warte und hoffe ich, doch endlich noch eine Chance zu bekommen! Ich habe sechs Jahre verloren und möchte endlich ankommen, arbeiten, ein nützliches Mitglied der Gesellschaft werden.“
Freundeskreis Flüchtlingssolidarität in SI, Regionalgruppe Süd – www.freunde-fluechtlingssolidaritaet.org